Schifferstraße 51-55, 27568 Bremerhaven

+49 - 471-4 30 13 Facebook Instagram
EnglishEnglish
  • Headerslider 13

Forscherin beleuchtet eine geschlossene Welt

Seeleute hielten den globalen Handel während der Pandemie aufrecht – Als Dr. Luisa Piart erfuhr, dass unzählige Seeleute nach der Finanzkrise von 2008 in Istanbul zurückgelassen wurden und nicht nach Hause kehren konnten, war die Idee eine Forschungsarbeit über die Arbeit der Seefahrer zu schreiben, geboren. Diese Forschung hat sie 2019 am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung angefangen. Die Pandemie hat jedoch alles verändert: „Während die Welt weitgehend zum Stillstand kam, blieben manche in Bewegung. Seeleute hielten den globalen Handel aufrecht – oft monatelang, ohne an Land gehen zu dürfen“, sagt die 42-jährige Ethnologin.

Diese Erfahrungen hat die Französin mit zwei weiteren Kollegen in der Wanderausstellung „Still Stehen – Seeleute und Geflüchtete in der Pandemie“ verarbeitet, die bis zum 1. März 2026 im Bangert-Bau des Deutschen Schifffahrtsmuseums zu sehen ist. Darin wird aktuelle Forschung in einen begehbaren Raum, der Isolation und Stillstand sinnlich erlebbar macht, transferiert. „Fünf Jahre nach Beginn der Pandemie ist die Ausstellung ein Versuch, sichtbar zu machen, was sonst oft übersehen wird“, sagt Piart.

In ihrer Forschung beschäftigte sich die Wissenschaftlerin mit den Arbeitsbedingungen und Rechten von Seeleuten in der internationalen Handelsschifffahrt. In der Ausstellung fließen ihre ethnographischen Studien mit Forschungsergebnissen ihrer Kolleginnen und Kollegen aus der Sozialmedizin und Versorgungsforschung zusammen. „Es ist ein sehr außergewöhnliches Feld, das prägt meine Forschungsergebnisse“, so die 42-Jährige. Auf unbestimmte Zeit festzustecken, Ohnmacht, Ausgeliefertsein, aber auch Hoffnung seien nur einige der emotionalen Realitäten der Seeleute und Geflüchteten während der Pandemie gewesen.

Nicht ganz einfach war es, Zugang zu den Seeleuten zu finden. Mit vielseitiger Unterstützung – unter anderem von der Deutschen Seemannsmission – ist es letztlich gelungen. „Es ist eine geschlossene, getrennte und männliche Welt“, hat die Ethnologin festgestellt. Ihr Ziel sei es, das Leben der Seeleute mehr in den Fokus zu stellen. Dazu könne die Wissenschaft einen wichtigen Beitrag leisten, ist sie sich sicher. „Es war mir sehr wichtig, nicht nur mit Worten zu arbeiten“, beteuert Piart.

Das Überraschendste sei für sie gewesen, dass alles immer so weitergeht, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Seefahrenden. Während die Seeleute eine beispiellose Krise erlebten, seien die Gewinne der Reedereien in den drei Jahren der Pandemie immens gestiegen. „Nach meinen Erfahrungen ist das Leben der Seeleute immer mehr aus der Sicht der Öffentlichkeit verschwunden“, sagt sie.

„Ich bin begeistert und dankbar, dass meine Forschung helfen kann, die Realität der Seeleute zu beleuchten“, sagt Piart. Am Donnerstag, 11. September, von 18 bis 20 Uhr, findet im Deutschen Schifffahrtsmuseum eine Podiumsdiskussion zum Thema „Stuck in Mobility – Seeleute in der Pandemie“ statt.

Dr. Luisa Piart